Daniela Schüpbach: Schule & Berufswelt 2040 aus dem Blickwinkel der kantonalen Lehraufsicht

«Die Berufsbildung zu fördern, macht unglaublich viel Spass»
Mit meinen Kolleginnen und Kollegen bin ich im Kanton Basel-Landschaft in der Abteilung «Betriebliche Ausbildung» der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion für die Lehraufsicht zuständig. Wir stehen im Austausch mit den Lehrbetrieben und Branchenverbänden, aber auch mit den Lernenden und den Eltern. Dass wir Tag für Tag zum Gelingen der Berufsbildung im Baselbiet beitragen können, empfinde ich als sehr sinnstiftend.
Zu unseren Aufgaben gehört es, den Betrieben eine Bildungsbewilligung zu erteilen, wenn sie Lernende ausbilden wollen. Dafür gehen wir bei jedem neuen Lehrbetrieb vorbei, um die Firma kennenzulernen. Es gibt einen Austausch vor Ort, in den auch Fachpersonen aus den Branchenverbänden einbezogen sind. Aus meiner Sicht trägt diese Vernetzung durch persönliche Kontakte zwischen Betrieben, Verbänden und Verwaltung sehr dazu bei, dass die Berufsbildung in der Schweiz so erfolgreich ist.
Zu den Aufgaben der kantonalen Lehraufsicht gehört auch das Prüfen und Genehmigen der Lehrverträge, was in den meisten Fällen vollkommen «geräuschlos» erfolgt. Aufgrund der bewährten Strukturen in der dualen Berufsbildung und des Engagements seitens der Betriebe und der Lernenden müssen wir in der grossen Mehrzahl der Fälle vorwiegend administrative Aufgaben bewältigen. Keine Nachrichten sind also gute Nachrichten. Die wenigen schwierigen Fälle beschäftigen uns dafür umso mehr.
Es läuft nicht immer alles automatisch gut. Es ist eine unserer anspruchsvollsten Aufgaben, bei Schwierigkeiten zur Lösungsfindung beizutragen und die Vertragsparteien zu unterstützen. Dies kann auch in einer Lehrvertragsauflösung münden. Neun von zehn Jugendliche bei uns im Kanton erreichen einen Abschluss auf der Sekundarstufe II, aber es gibt eben auch 10 Prozent, die diesen Meilenstein aus verschiedenen Gründen nicht erreichen. Einer dieser Gründe besteht im Lehrabbruch. Aus meiner Perspektive sind hier Entwicklungsschritte wünschenswert und notwendig.
Den grössten Hebel für einen erfolgreichen Ausbildungsverlauf haben wir in der Passung zwischen den Anforderungen des Lehrberufs und dem individuellen Profil der Jugendlichen. Da wird an den Sekundarschulen in Zusammenarbeit mit der Hauptabteilung Berufsbildung und dem Laufbahnzentrum BL schon viel gemacht. Der Weg geht weiter.
In den Betrieben gibt es unglaublich viel Fachkompetenz bei den Ausbildnerinnen und Ausbildern, es besteht aber noch Potenzial in der Betreuungskompetenz. In den meisten Fällen ist das erforderliche Gespür für den Umgang mit den Lernenden glücklicherweise vorhanden, aber die Anforderungen in diesem Bereich werden eher grösser als kleiner. Es gilt künftig, in die Aus- und Weiterbildung der Berufsbildnerinnen und –bildner zu investieren.
Damit die Jugendlichen ihre eigenen Stärken und Schwächen richtig einschätzen können, ist es wichtig, dass die Schnittstellen zwischen Berufswelt und Volksschule weiter bearbeitet werden. Wir haben da mit der Stärkung der beruflichen Orientierung, mit Betriebseinblicken und Schnupperwochen sowie vielen anderen Angeboten eine äusserst solide Basis.
Aus meiner Sicht sind die Fortschritte bei der Unterstützung im Bildungs- und Berufswahlprozess durch die Sekundarschulen enorm. Wenn ich an meine Schulzeit zurückdenke, dann kann ich den Unterricht in diesem Bereich sehr knapp mit «nicht vorhanden» bilanzieren. Heute haben wir Lehrpersonen, die als Laufbahnverantwortliche an den Schulen tätig sind, es finden gemeinsame Veranstaltungen mit der Wirtschaft statt, es gibt verschiedene Formen von Praktika und Schnupperlehren, und wir kennen auch das Format der Berufsschau, das den Jugendlichen niederschwellige und konkrete Einblicke in verschiedene Tätigkeitsfelder ermöglicht. Da ist vieles in der Volksschule wirklich vorbildlich und zukunftweisend.
Trotzdem stellen sich weiterhin viele Herausforderungen, die in erster Linie auf den rasanten Wandel der Wirtschaft zurückzuführen sind. Daher macht es aus meiner Perspektive Sinn, weiter über den Ausbau der Kooperation von Wirtschaft und Schule nachzudenken, etwa im Bereich des Projektunterrichts, wo es schon jetzt gute Ansätze gibt, die vielleicht noch breiter und intensiver implementiert werden können.
Und wir sollten auch prüfen, ob Verfahren der Bildungs- und Berufswahl sinnvoll durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz unterstützt werden können. KI hat sicher auch ein Potenzial bei der Diagnose von berufsrelevanten Stärken und Schwächen – auch wenn es sich nicht um eine Wunderwaffe handeln wird, die all unsere Probleme löst. Für die Problemlösung sind am Ende die Menschen verantwortlich, und da komme ich gern auf den Punkt zurück, dass die Stärken der Berufsbildung in der Schweiz ganz wesentlich in den persönlichen Kontakten liegen. Die von solchen Kontakten geprägte duale Berufsbildung bleibt ein Erfolgsmodell, weil sie einen verlässlichen Weg zu vielen wichtigen und interessanten Jobs darstellt, und darüber hinaus zahlreiche Anschlüsse für die Weiterqualifikation ermöglicht.
Daniela Schüpbach ist Leiterin der Abteilung «Betriebliche Ausbildung» bei der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion des Kantons Basel-Landschaft